Das Wahlfach Kulinaristik beschäftigt sich mit aktuellen Fragestellungen der Foodbranche. Die Jahrgänge FM19A und FM19B haben sich mit der Frage beschäftigt, wie die Verpflegung in Krankenhäusern und Reha-Einrichtungen nachhaltiger und gesünder gestaltet werden kann. Wir stellen Euch in einer Blogartikel-Serie die wichtigsten Grundlagen vor und zeigen Euch dann, wie ein Speiseplan konkret aussehen kann.
In deutschen Krankenhäusern und Kliniken werden jährlich mehr als 21 Millionen Menschen eine Woche stationär oder drei Wochen rehabilitativ behandelt. Daraus ergibt sich ein enormer Bedarf an Verpflegungsleistungen aber auch ein hohes Potential einen nachhaltigen Beitrag zum Ressourcenverbrauch zu leisten.
Die DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) zielt mit der Errichtung eines Qualitätsstandard darauf ab, umweltschonende Abläufe und Maßstäbe in der Klinikverpflegung zu integrieren. Sie sollen Mitarbeiter*innen und Verpflegungsverantwortliche darin unterstützen, den Patient*innen eine gesundheitsförderndere Ernährung bieten zu können und so eine schnelleren Genesung herbeizuführen.
Bei der Festlegung der Standards orientiert sich die DGE an den Eckpfeilern für nachhaltige Ernährung: Gesundheit, Soziales, Tierwohl und Umwelt. Es ist längst bekannt, dass entlang jedes Lebenswegs eines Produktes, also entlang dessen Wertschöpfungskette, Emissionen und Umweltbelastungen entstehen, welche all diese vier Bereiche tangieren. Lebensmitteln können deshalb anhand ihres ökologischen Fußabdrucks bewertet und ausgewählt werden. Besonders importierte Lebensmittel oder Lebensmittel tierischen Ursprungs haben nachweislich einen
höheren CO2 Ausstoß als saisonale und pflanzliche Produkte. Für die Klinikverpflegung ist es daher unzulänglich, ihr Speisenangebot ausschließlich nach Gesundheitsaspekten auszurichten. Weiteres Einsparpotential bieten den Kliniken beispielsweise die Exakte Bestimmung der Teilnehmer*innen an den Mahlzeiten zur Minimierung von Speiseresten oder die Nutzung von Küchengeräten mit niedrigem Energieverbrauch.
Insgesamt betrachtet hat die Auswahl der Lebensmittelgruppen für die Zusammenstellung eines Gemeinschaftsspeiseplans den größten Einfluss auf die Umweltbelastung, da es zwischen den Gruppen meist deutlichere Unterschiede gibt als innerhalb. Doch auch innerhalb einer Lebensmittelgruppe gilt es Produkte mit Bedacht zu wählen, da diese eventuell ganzjährlich in Gewächshäusern unter dem Einsatz von fossilen Brennstoffen hergestellt und anschließend importiert werden, was ihre CO2-Äquivalente erhöht. Grundsätzlich kann jedoch festgehalten werden, dass pflanzliche Lebensmittel Mensch, Tier und Umwelt weniger belasten als tierische Produkte.
Der DGE Qualitätsstandard legt deshalb in Anlehnung an den DGE-Ernährungspyramide für Lebensmittel und einzelne Gruppen, welche die beiden Aspekte Gesundheitsförderung und Nachhaltigkeit vereinen, gewisse Mindestverzehrhäufigkeiten fest. Dazu gehören vor allem Produkte wie Salat, Hülsenfrüchte, andere Gemüsesorten, Vollkornbrot und Obst. Für Tierische Lebensmittel, fettreiche und stark verarbeitete Produkte werden hingegen Maximalwerte definiert, da ihr Konsum ab einer gewissen Menge aus ernährungsphysiologischer und nachhaltiger Sicht nicht mehr sinnvoll sind. Diese Verzehrmengen sollen den Kliniken eine Orientierung bieten, der tatsächliche Bedarf muss jedoch individuell berechnet werden. Nicht zu
vernachlässigen sind daneben die Getränke, welche Patient*innen ganztägig angeboten werden sollen. Ausreichend Flüssigkeit ist für die Genesung des Körpers genauso wichtig wie eine nährstoffreiche und ausgewogene Ernährung.
Um den individuellen täglichen Bedarf zu decken, empfiehlt die DGE vor allem Wasser und ungesüßten Tee anzubieten. Alkohol wird nicht angeboten.
Besonders in Rehabilitationseinrichtungen und Kliniken werden jedoch des Öfteren Patienten verpflegt, welche aufgrund von Allergien oder Nährstoffmängeln von den Referenzwerten abweichen. Dies bedarf eine Anpassung des Speiseplans an ihre persönliche Lebenssituation, um die Versorgung des Körpers mit allen wichtigen Nährstoffen sicherzustellen. Gegebenenfalls müssen dann einzelne Produktgruppen auf dem Speiseplan vermehrt oder reduziert werden. Bei der Zubereitung der Speisen ist generell darauf zu achten, möglichst unverarbeitete Produkte mit einem geringen Zucker-, Salz- und Fettanteil zu verwenden, welche im Optimalfall unter
biologischen und fairen Bedingungen erzeugt und transportiert wurden. Weiter sollen diverse Kräuter und Gewürze vielfältig eingesetzt werden und die Speisen nährstofferhaltend gegart werden. Grundsätzlich gilt es bei der Gestaltung des Speiseplans immer auf Regionalität, Saison, Verpackung, Frische, Abwechslung und Auswahl zu achten. Auch das Eingehen auf Patient*innenwünsche oder die Anrichtung auf den Tellern sollte ansprechend sein, da den Mahlzeiten in Kliniken ein gewisser hoher Stellenwert zuzurechnen ist.
Um den Nachhaltigkeitsaspekt auch nach der Essensausgabe zu berücksichtigen, sollten Kliniken die Speiserückläufe getrennt nach Mahlzeiten und Komponenten dokumentieren, um die Mengen bei künftigen Speisekalkulationen berücksichtigen zu können. Weiter könnten Abfälle beispielsweise zur Energiegewinnung genutzt werden. Bei der Reinigung von Geschirr und Desinfektion von Flächen sollte darüber hinaus auf die Verwendung von umweltverträglichen Reinigungsmitteln geachtet werden.
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